Bei Vollmond verschwinden regelmäßig ältere Ehepaare. Die ganze Stadt lebt in Angst. Die Polizei fahndet nach dem Täter, findet aber keine Spur. Dafür beobachten Hilde und Ernst an ihrem Fenster etwas, was der Polizei weiterhelfen könnte. Ihr Nachbar verscharrt bei Vollmond große Säcke in seinem Garten.
"Was macht dich so sicher, dass unser Nachbar heute Nacht wieder etwas
im Garten vergraben wird?", fragte Ernst seine Frau, die ihren Blick durch
das Fenster auf Peters Garten gerichtet hielt.
"Schau zum Himmel, dann weißt du es", kam es zurück.
Ernst blickte hinauf und fand dort die Antwort. Der Vollmond prangte groß
und hell und rund am Himmel.
"Du glaubst doch nicht, dass Peter der Vollmondmörder ist?",
fragte Ernst zweifelnd.
Schon seit Monaten verschwanden in jeder Vollmondnacht ältere Ehepaare
spurlos. Die Polizei ermittelte fieberhaft, aber erfolglos. Deshalb riet sie
allen Bewohnern der Stadt, in diesen Nächten nicht das Haus zu verlassen.
Trotzdem gelang es dem Vollmondmörder jedes Mal, neue Opfer zu finden.
"Oh doch! Das glaube ich", antwortete Hilde. "Was soll es
sonst sein, was er in den Vollmondnächten immer in seinem Garten vergräbt?"
Ernst zuckte mit den Schultern. Er ahnte, dass seine Frau recht hatte, denn
alles passte viel zu gut zusammen. In jeder Vollmondnacht konnten sie ihren
Nachbarn dabei beobachten, wie er zwei große Säcke in seinem Garten
vergrub. Als sie ihn einmal darauf angesprochen hatten, gab er ihnen die lächerliche
Erklärung, in den Säcken sei Hausmüll. Seitdem vermieden sie
es, mit Peter zu sprechen.
"Siehst du!", rief Hilde ganz aufgeregt.
Ernst eilte ans Fenster und schaute hinaus.
Tatsächlich!
Peter tauchte im Garten auf. Hinter sich zog er zwei schwere Säcke über
die Wiese. Er legte sie ab, eilte zurück zu seinem Haus und tauchte mit
einer Schippe wieder auf. Dann begann er zu graben.
Für Hilde und Ernst war es schon ein gewohnter Anblick. Und doch fröstelten
sie bei dem Gedanken daran, was sich in den Säcken verbergen mochte.
"Ich glaube, wir sollten der Polizei sagen, was wir wissen", schlug
Hilde zum ersten Mal vor.
Ernst schaute seine Frau entsetzt an. Doch in ihrem Gesicht sah er nur wilde
Entschlossenheit.
"Wir dürfen nicht länger schweigen. Peter muss hinter Schloss
und Riegel, damit die Menschen in dieser Stadt wieder aufatmen können."
Ernst überlegte eine Weile, bis er nickte und zugab: "Du hast recht.
Wenn wir noch länger warten, sterben vielleicht noch mehr Menschen."
Mit zitternden Händen griff Hilde zum Telefon. Die Nummer lag schon neben
dem Apparat bereit.
Ernst staunte, als er sah, wie gut sich seine Frau auf dieses Telefonat vorbereitet
hatte.
Schon wenige Minuten später flackerte der gesamte Garten in blauem Licht.
Peter, der Nachbar, schippte immer eifriger. Die beiden Säcke waren bereits
in den tiefen Löchern verschwunden. Jetzt galt es nur noch, die lockere
Erde wieder hineinzuschaufeln.
Kaum war er fertig, stand ein Polizeibeamter vor ihm und blendete ihn mit der
Taschenlampe.
"Was tun Sie hier?", fragte der Beamte.
"Wer sind Sie und was tun Sie hier?", fragte Peter frech zurück.
"Ich bin Polizeihauptkommissar Fritsch. Nachbarn haben mir berichtet,
dass Sie hier zwei Säcke vergraben haben. Was war in den Säcken?"
"Mein Hausmüll!"
Der Polizist schnaubte und übereichte Peter einen Durchsuchungsbescheid,
der es der Polizei erlaubte, den gesamten Garten umzugraben.
Von allen Seiten kamen Beamte herbei und begannen mit der Arbeit.
"Das habe ich wohl Ihnen zu verdanken." Mit diesen Worten begrüßte
Peter das ältere Ehepaar Hilde und Ernst, die von Neugier getrieben das
Haus verlassen hatten. Fast der gesamte Garten wurde umgegraben. Viele Säcke
wurden geborgen. Doch als die Polizeibeamten den Inhalt überprüften,
erlebten sie eine große Überraschung.
Darin befand sich - genau wie Peter gesagt hatte - nur Hausmüll.
"Das kann doch nicht wahr sein", stöhnte Hilde.
"Tja, liebe Frau", wandte sich der Polizist an die Zeugin. "Es
tut mir leid, aber Ihr Hinweis hat leider nicht zur Aufklärung des Falls
beigetragen."
Peter stand hinter dem Ehepaar und ließ ein hämisches Lachen ertönen.
Daraufhin wandte sich Polizeihauptkommissar Fritsch an ihn und sagte: "Sie
sind zwar nicht der Vollmondmörder - aber um eine Anzeige wegen Umweltverschmutzung
kommen Sie nicht herum."
"Macht nichts", bezeugte Peter.
"Das wird Sie eine Stange Geld kosten. Ich rate Ihnen, Ihren Müll
in Zukunft auf dem vorgeschriebenen Weg zu entsorgen."
Peter lachte und schaute der Polizeimannschaft nach, wie sie mit ihrer ganzen
Ausrüstung den Garten wieder verließ.
Kaum war die Stille zurückgekehrt, drehte Peter sich zu seinen Nachbarn
Hilde und Ernst um.
Sein Blick wirkte bedrohlich. Seine Augen funkelten böse.
Langsam griff er in seine Jackentasche und zog etwas heraus.
Hilde und Ernst nahmen sich an den Händen und starrten gebannt auf das
Etwas, das er nun in seiner Hand hielt.
Es war eine Waffe.
"Und jetzt seid ihr dran", sagte Peter mit einer Stimme, die eisern
und grausam klang. "Natürlich habt ihr recht. Ich bin der Vollmondmörder.
Aber glaubt ihr wirklich, ich bin so dämlich und vergrabe meine Leichen
im eigenen Garten, wo mir jeder zusehen kann?"
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