Kurzkrimis

Verhängnisvolles Wochenende

Das Wochenende steht vor der Tür. Single Ilona hat keine Lust, alleine zu Hause herumzusitzen. Sie will etwas erleben und vielleicht eine nette Bekanntschaft machen. Näherer Kontakt nicht ausgeschlossen... Deshalb geht sie in die Diskothek und lernt dort einen Mann kennen. Bringt ihr diese Begegnung Glück?

Verhängnisvolles Wochenende

Spieglein, Spieglein an der Wand...

Ilona steht vor dem Spiegel und überprüft noch einmal ihr Aussehen. Ihre schlanke Figur ist in ein dünnes Kleid gehüllt, das mehr zeigt als es verbirgt. Ihre wohlgeformten Brüste schimmern hindurch - zum Anbeißen. Niemand würde hinter dieser Fassade eine Frau vermuten, die die Vierzig schon überschritten hat. Ilona lächelt sich zufrieden an. In diesem Outfit steht sie bestimmt nicht lange allein in der Disco.
Ein letzter prüfender Blick und Ilona verlässt das Haus, in dem es an diesem Wochenende verdächtig still ist. Schon früh ist ihr aufgefallen, dass alle ausgeflogen sind. Das ist ihr gerade recht, denn so muss sie niemandem eine Erklärung abgeben, wo sie sich in diesem durchsichtigen Fummel herumtreiben will.
Die Disko ist nicht weit von ihrer Wohnung entfernt. Ein Sündenpfuhl direkt vor der Haustür. Was will sie mehr? Lauter Bass schlägt ihr entgegen. Im Rhythmus von "Blue October" mit ihrem Song "Jump Rope" springen viele über die Tanzfläche. Einige Männer versammeln sich an der Theke und halten Ausschau. Ilona weiß wonach. Sie ist genau die Richtige. Ein zufriedenes Grinsen schleicht sich auf ihre Lippen. Sie setzt sich an die Theke, bestellt eine Margarita und nippt am Glas, ohne die Männer aus den Augen zu lassen. Sie tragen Anzüge. Ihre Krawatten liegen bereits neben ihren Biergläsern. Ihre Kragen stehen offen. Einer von ihnen schwitzt auffallend auf seiner Glatze. Ständig wischt er mit einer Serviette darüber.
Ilona lacht. Der Typ ist der ideale Kandidat für einen Herzinfarkt. Mal sehen, ob sie noch in Topform ist. Sie trinkt ihre Margarita in einem Zug und bestellt sich eine neue. Der Alkohol breitet sich wohlig in ihr aus. Sie lässt den Blick über die Tanzenden schweifen, die sich mit erhobenen Händen aneinander reiben, um sich so nahe wie möglich zu kommen. Das gefällt Ilona. Das sieht nach unverbindlichem Körperkontakt aus.

Heiße Rhythmen, heißes Blut

Hurtig mischt sie sich unter die schwitzende Masse und bewegt sich hüftschwingend im Takt. Es dauert nicht lange, schon spürt sie ein Hinterteil, das sich an ihrem reibt. Sie dreht sich um und blickt direkt in das Gesicht des Mannes mit der Glatze. Na, wenn das mal kein Zufall ist. Ihre Bewegungen werden immer hektischer, immer ekstatischer. Bis die Musik ganz plötzlich auf Schmusesongs umschaltet. Der Mann mit der Glatze schaut Ilona wie ein verliebter Dackel an. Sie hat ihn genau da, wo sie ihn haben will. Aber auf der Tanzfläche will sie bestimmt nichts riskieren.
Also kehrt sie an die Theke zurück, greift nach ihrer Margarita und leckt mit der Zunge über den salzigen Rand. Der Mann beobachtet jede ihrer Bewegungen, was Ilona dazu anheizt, es noch bunter zu treiben. Sie reibt mit dem Finger die Salzreste ab, steckt den Finger in den Mund und zieht ihn ganz langsam wieder heraus. Das genügt. Der Mann mit der Glatze packt sie sanft um die Hüften und schiebt sie in Richtung Toilette. Ilona lässt es sich gefallen, obwohl dieser Mann nicht gerade ihre erste Wahl ist. Ein schlanker, sportlicher Typ mit vollem Haar hätte ihr besser gefallen.

Am falschen Ort

Im grellen Licht der Toilettenräume sieht alles plötzlich anders aus. Ilona vergeht schlagartig die Lust. Unter den Neonröhren kann man zu viel sehen - alles, was sie mit Make-up und Cremes zu kaschieren versucht. Soviel Enthüllung muss nicht sein. Sie will sich umdrehen und gehen, doch der Mann mit der Glatze hält sie fest. Sie wehrt sich, aber sie hat keine Chance. Er ist stärker als sie. Mit Schwung presst er sie an die gekachelte Wand, hebt sie hoch, dass ihre Füße den Boden nicht mehr spüren und zwingt ihr seinen Kuss auf. Ilona fühlt sich von seiner Willenskraft überwältigt. Sie spürt, wie er ihr Kleid anhebt und mit der Hand unter ihren Slip fährt.
Im gleichen Augenblick geht die Tür zum Toilettenraum auf. Erst jetzt bemerkt Ilona, dass sie sich auf der Männertoilette befinden. Der Neuzugang ist ein Mann, wie sie aus ihren Augenwinkeln erkennen kann. Sie will nicht mehr weitermachen. Zuschauer sind wirklich das Letzte, was sie beim Liebesakt braucht. Also versucht sie, den Mann mit der Glatze abzuwehren. Aber er packt sie stattdessen noch fester an.
"Hör auf!", bringt Ilona gepresst hervor.
Ihr Kleid ist so weit in die Höhe geschoben, dass ihre Brüste zu sehen sind. Ihr Slip liegt auf dem Boden. Normalerweise gefällt es ihr, wenn man sie tatkräftig anpackt. Aber nicht auf einer Toilette, wo andere Männer zuschauen.
"Verdammt! Wir sind nicht allein!"
"Tu nicht so, als wolltest du das nicht", brummt der Mann mit der Glatze. "Zuschauer heizen dich erst richtig an."
Ilona prügelt auf seine Schultern ein, was dem Mann mit der Glatze nur ein Lachen entlockt.

Die Überraschung

Auf einmal geht alles ganz schnell. Eine bekannte Stimme fängt an zu kreischen: "Hören Sie auf..."
"Halt dich da raus!"
"...die Frau zu vergewaltigen."
"Verpiss dich Kleiner!" Der Mann mit der Glatze lässt sich nicht mehr stoppen. "Oder guck zu! Aber halte einfach die Klappe."
Plötzlich fällt er mit einem Ruck zurück. Ilona richtet hastig ihr Kleid zurecht, zieht ihren Slip wieder an, bevor sie sieht, wie sich die beiden Männer prügeln. Jetzt erst erkennt sie den zweiten Mann. Ihr Gesicht läuft ganz heiß an. Wie konnte das passieren? Hatte er sie etwa verfolgt?
Der Mann mit der Glatze schlägt ihn zu Boden. Ilona schreit und schreit, bis es plötzlich ganz still wird. Der junge Mann regt sich nicht mehr.
"Du bist ein Mörder!" Ilona ist starr vor Entsetzen.
"Ich habe mich nur gewehrt. Behauptet der Kerl doch einfach, ich würde dich vergewaltigen. Warum wollte er uns beide so hartnäckig trennen?"
"Weil der Mann, den du getötet hast, mein Sohn ist."

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