Wenn Menschen kommunizieren, vor allem im Beruf, aber auch im privaten Bereich,
sind Manipulationen und Selbst- und Fremdtäuschungen nicht weit. Begründet
wird diese typisch menschliche Eigenart von der sogenannten Motivationstheorie.
Demnach gibt es zwei innerpsychische Motivationssysteme, ein bewusstes und ein
unbewusstes.
Psychospiele werden dann gespielt, wenn das unbewusste Motivationssystem aktiviert
ist und Menschen nach der Verwirklichung unterschwelliger Bedürfnisse streben - und es selbst gar nicht merken.
Daraus folgt zum Beispiel die seltsam verbreitete Selbst- und Fremdtäuschung.
Man kann beispielsweise durchaus seine Mitmenschen schlecht behandeln (unbewusstes
Bedürfnis) und gleichzeitig die Meinung vertreten, man sei ein höchst
moralischer Mensch (bewusstes Bedürfnis). Tja, that's life!
Ein Ehe-Spiel
Ein Ehemann kommt abends nach Hause. Er hat den ganzen Tag im Büro verbracht
und ein ordentliches Stress-Niveau dabei aufgebaut. Kaum zu Hause angekommen,
fragt ihn seine Frau, wie es denn heute gewesen sei. Er antwortet: "Gut!"
Dabei kommuniziert er aber körpersprachlich: "Mir geht es schlecht!"
Das merkt seine bessere Hälfte natürlich - und fragt alle paar
Minuten, ob "was ist". Er wieder: "Es ist nichts!" Das
Spiel geht den ganzen Abend so weiter.
Man kann annehmen, dass der Mann seine miese Laune an seiner Frau auslässt.
Dies würde er aber nie und nimmer zugeben, da ansonsten ja das Spiel beendet
wäre. Er müsste also zunächst einsehen, dass er ein Spiel spielt,
und dann müsste eine ehrliche Selbstoffenbarung kommuniziert werden, etwa:
"Schatz, ich bin total genervt und muss den Stress irgendwie loswerden."
Da dies aber erfahrungsgemäß nicht passiert, nervt der Betreffende
sich selbst und sein soziales Umfeld.
Ursachen von Psychospielen
Da Psychospiele strenggenommen Manipulationen sind, stellt sich die Frage: Wann
entstehen sie? Schließlich kommen wir nicht als "Spieler" auf
die Welt. Im Gegenteil: Wie wir wissen, sind Babys geradezu authentisch! Bedürfnisse
werden direkt und ohne Manipulationen kommuniziert.
Die Spielkultur entsteht bereits in der Zeit der Entstehung des Ich-Bewusstseins,
also etwa in der Mitte des 2. Lebensjahres. Spätestens dann muss sich der
Heranwachsende mit den Anforderungen seines sozialen Umfelds auseinandersetzen.
Wenn sich Eltern mithilfe von kleinen Tests ("Weinen auf Kommando")
oder eben anderen Strategien ("Spielen") manipulieren lassen - und das tun wohl
die meisten - , "erlernt" der Heranwachsende die Kompetenz zur Manipulation. Das
heißt, Psychospiele im Erwachsenenalter haben eine sehr lange Tradition. Und die
wird nicht gerne aufgegeben - insofern sie dem Betreffenden überhaupt bewusst ist.
Gegenstrategie 1
Da jeder Mensch Psychospiele spielt, mal mehr, mal weniger häufig und intensiv,
schadet es nicht, sich gewisse Kompetenzen zuzulegen, um Psychospiele zu stoppen.
Die nerven nämlich unglaublich und kosten viel Lebenszeit. Eine erste Strategie
lautet: Das Spiel aufdecken. Das heißt, Sie können, wenn Sie glauben,
der Andere spielt mal wieder "die alte Leier", anmerken, dass Sie
seine Masche durchschaut haben. Die Ehefrau oben hätte sich viel Zeit sparen
können, wenn sie gesagt hätte: "Ich glaube schon, dass du Stress
im Büro hattest; aber du willst nicht darüber reden."
Natürlich muss man bei dieser Gegenstrategie einen langen Atem haben. Denn
der Andere wird bei den ersten Stopp-Versuchen entsprechend reagieren, etwa: "Nein,
es ist wirklich nichts!" Aber das gehört dann wahrscheinlich nur zu
seinem Spiel. (Denken Sie auch daran: Man kann sich auch mal irren, wenn man dem
Anderen Manipulationen unterstellt.)
Gegenstrategie 2
Spiele dienen immer dazu, unterschwellige Bedürfnisse zu befriedigen. Beim
Spiel "Es ist nichts - aber eigentlich doch" geht es dem Betreffenden
darum, Frust abzulassen, und zwar auf Kosten seiner Mitmenschen.
Entsprechend sieht die hier vorgeschlagene Strategie vor, dass Sie das dahinterliegende
Bedürfnis des Anderen direkt und mit einem Schuss Entschlossenheit erfragen.
Es kommt natürlich auf das Spiel an - mehrere Bedürfnisse können
verfolgt werden. Im obigen Fall könnte man von einem Bedürfnis nach
Stressabbau ausgehen. Entsprechend könnte die Ehefrau sagen: "Hey,
kann es sein, dass du jetzt eigentlich den Stress abbauen willst, den du im Büro
aufgestaut hast?" Das Ganze geht auch konfrontativer: "Ich bin nicht
länger dein Aggressionsventil!" Sollten Sie sich für die konfrontative
Methode entscheiden, müssen Sie den Anderen aber wieder zurück "ins
Boot holen", etwa so: "Du weißt, ich liebe dich - lass
uns eine andere Lösung für deinen Stress finden!"
Gegenstrategie 3
Die hier thematisierten Spiele gehen immer zulasten der sozialen Beziehungen.
Sie stellen zwar für den Spieler eine Art Lösung von innerpsychischen
Problemen dar, aber es handelt sich tatsächlich um Pseudolösungen. Das
heißt, der Ehemann wird nach ein paar Stunden des Spielens "etwas"
runterkommen. Dafür steigt der Frust bei seiner Partnerin. Und Gewalt erzeugt
bekanntlich Gegengewalt.
Um den Teufelskreis zu durchbrechen, bietet sich Gegenstrategie 3 an: den Anderen
mit den Kosten seines Spiels zu konfrontieren. Dem Gesprächspartner muss
klar werden, was er mit seinen Manipulationen eigentlich erreicht, nämlich
dass es den Anderen dadurch schlechter geht als vorher. Den gestressten Ehemann
könnte man entsprechend konfrontieren mit: "Hör mal! Wenn du die
nächsten Stunden wieder ausweichst und dein Spiel spielst, dann geht's
mir richtig schlecht! Ist dir das klar?"
Auch bei dieser Strategie muss man einen langen Atem beweisen.
Gegenstrategie 4
Menschenkenner wissen, dass Psychospiele immer nach einem bestimmten Muster verlaufen
und dasselbe Endergebnis haben. Die Spieler selbst wissen das nur ansatzweise.
Verblüffen kann man den Anderen leicht, wenn man - Gegenstrategie 4 - den weiteren
Verlauf der Kommunikation vorhersagt.
Die Ehefrau würde entsprechend auf die "Spieleröffnung"
ihres Mannes reagieren: "Ich weiß, wie das hier weitergeht: Du wirst
die nächsten Stunden eisern schweigen und mich dadurch langsam auf die Palme
bringen. Lass es uns dieses Mal anders machen!" Natürlich muss man
dem Spieler andere Lösungen seiner Probleme "schmackhaft" machen
und ihn durch Belohnungen verstärken.
Noch ein abschließender Tipp: Wenn Sie Psychospiele thematisieren, bleiben
Sie unbedingt beim Thema Manipulation. Der Andere wird versuchen, Sie von der
eigentlichen Angelegenheit abzubringen. Psychospiele gibt man nicht gerne auf.
Man kennt sie ja schon seit Jahren!
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