Kaufsucht

Wir leben in einer Konsumgesellschaft, in der viele Menschen, lapidar gesagt, viel konsumieren. Die Medien bombardieren uns täglich mit neuen Produkten. Die vielen Angebote können so manchen verführen, gar süchtig machen. Die Motivation, möglichst das Neueste zu besitzen, kann krankhaft werden. Dann spricht man von Kaufsucht. Woher kommt sie, was kann man dagegen tun?

Kaufsucht

Allgemeines

"Kauf mich!"

Von Kaufsucht betroffen sind etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung. Der höhere Anteil an Frauen fällt stark ins Gewicht. Kaufsucht offenbart sich als exzessives Verhalten. Man sieht es Betreffenden aber nicht immer an, dass sie einem Kaufzwang ausgeliefert sind. Oberflächlich gesehen handelt es sich schlicht und einfach um interessierte Kunden. Und der Verkäufer freut sich lediglich, wenn er viele Produkte loswird. Er wird vor allem eins nicht tun: dem kauffreudigen Kunden eine Psychotherapie empfehlen.
Wie bereits erwähnt: Kaufsüchtige fallen in der Öffentlichkeit nicht groß auf. Bei ihren Banken sind sie jedoch wohlbekannt: denn sie sind so gut wie immer im "Minus".

Der Kunde ist König

Psychodynamische Aspekte

Zahlungskräftige Kunden werden beachtet, keine Frage. Und zwar sowohl von den Verkäuferinnen und Verkäufern als auch von andere Kunden (die vielleicht nicht so "reich" sind). Ist etwa ein solcher Kunde "bekannt", wird er vorauseilend freundlich und außergewöhnlich gut behandelt. Das schmeichelt natürlich dem Selbstwertgefühl, "pusht" auf. Wahrscheinlich spüren VIPs dasselbe, wenn sie irgendwo in der Öffentlichkeit auftauchen und Autogramme geben.
Die erwähnten Reaktionen sorgen für die Ausschüttung von Dopamin (ein Glückshormon). Verstärkt wird dieser Ausstoß dann natürlich durch das erworbene Produkt.
So gesehen handelt es sich bei der Kaufsucht um eine Sucht wie jede andere auch. Meistens geht es ja um Dopamin.

Die Selbsttäuschung

"Was?! Ich bin doch nicht kaufsüchtig! Spinnst du?!"

Das große Problem ist dabei die Selbsttäuschung. Das Konto des Betreffenden kann weit überzogen, der Kühlschrank leer und der Briefkasten voller Mahnungen sein - das alles und noch mehr wird von Kaufsüchtigen "großzügig" aus dem Bewusstsein ausgeblendet.
Bekanntermaßen können wir Menschen vor allem eins sehr gut: Inhalte, die unser Selbstwertgefühl belasten, unter den Teppich kehren.
Und so verwundert es nicht, dass der Kaufsüchtige eine gänzlich andere Wahrnehmung der Dinge hat als sein soziales Umfeld. Das kann skurrile Blüten treiben ("Schatz, heute habe ich für nur 400 Euro diesen wunderschönen Mantel gekauft!"). Die Süchtigen geben halt ungern das auf, was sie (kurzzeitig) glücklich macht.

Ursachen

"Haste was, biste was!"

Kaufsucht hat viele Ursachen. Zwei davon sollen hier ausgeführt werden: 1. die elterliche Überverwöhnung und 2. eine übertriebene Außenorientierung. Zunächst einige Worte zur Überverwöhnung: Es gibt Eltern, die "schütten" ihre Kinder mit Spielsachen, Kleidern und sonstigen Geschenken regelrecht zu. Erlebt ein Heranwachsender solche Verhältnisse über Jahre hinweg, so kann sich eine entsprechend übertriebene Erwartungshaltung an das Leben ausprägen, die der Betreffende als "normal" empfindet. Doch tatsächlich wird leicht die Grenze zur Kaufsucht überschritten.
Auf der anderen Seite sind auch manche Menschen "gefährdet", die in der Kindheit "gelernt" haben, dass der Lebenssinn darin besteht, vor den Mitmenschen möglichst gut dazustehen. Im Erwachsenenalter kann dieses Streben kippen, d. h. sich als schleichende Kaufsucht entwickeln.

Was kann man als Betroffener tun?

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung

Natürlich darf man ein paar entsprechende "Warnhinweise" im Hinterkopf behalten. Beachten Sie, wie viel Zeit Sie fürs Shoppen einplanen; nimmt das Thema bezogen auf den Alltag überhand? Wie sieht es in Hinsicht auf die innerpsychische Wirkung aus, die ein Einkauf nach sich zieht? Sind Sie dann extrem entspannt, beruhigt oder aber "voll glücklich"? Kann man sich an dem Produkt lange erfreuen oder braucht man bald das nächste? Wie steht es um Ihre Gefühlswelt, wenn Sie ein paar Tage lang nichts "Großartiges" gekauft haben?
Seien Sie bei der Beantwortung der Fragen ruhig ehrlich, bleiben Sie aufmerksam, sonst kann die Sache "kippen". Und dann sucht man am besten einen Psychotherapeuten auf.

Wie geht man mit einem kaufsüchtigen Partner um?

"Entweder - oder!"

Wer mit einem Kaufsüchtigen zusammenlebt, der kennt die oben beschriebenen Phänomene und Wahrnehmungsverzerrung zur Genüge. Er hat auch viele, viele Stunden mit dem Partner über das Thema gestritten - und nichts dabei erreicht. Es hat sich der Eindruck erhärtet, dass es der andere übertreibt.
Gerät das System Familie dabei langsam, aber sicher "unter die Räder", sollte interveniert werden. Besonders brisant wird es, wenn das Haushaltsgeld für den Lebensunterhalt angezapft wird.
Dann wird es Zeit, endlich Tacheles zu reden. Am besten besorgt man sich zuvor die Kontoauszüge, sammelt also "Fakten". Mit denen muss der andere dann konfrontiert werden. Eventuell bietet man dem Partner an, gemeinsam eine Therapie zu beginnen.

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